Stunde nach der Geburt 3 bis 4 Liter Ko- lostrum. Hierzu nutzt der Betrieb eine Kolostrumbank, die aus einzeln eingefro- renen Portionen besteht. „Wir sammeln das Kolostrum unserer Kühe, messen den Antikörpergehalt und frieren Kolostrum guter Qualität portionsweise ein. Kommt ein Kalb zur Welt, können wir eine Kolos- trumportion kontrolliert im Wasserbad auf 40 °C trinkfertig machen. Da das Kalb ohne Antikörper geboren wird, bilden die Antikörper im Kolostrum in den ers- ten Wochen nach der Geburt die Krank- heitsabwehr des Kalbes, bis die eigene Antikörperproduktion etabliert ist. Wich- tig ist, dass das Kalb das Kolostrum schnell aufnimmt und es von guter Qua- lität ist, und das stellen wir mit der Ko lostrumbank sicher“, so Franziska Ba ranowski. Die zweite Trinkmahlzeit ist dann Ko- lostrum der eigenen Mutter, weil diese in der Zwischenzeit abgemolken werden konnte. „Dieses Kolostrum prüfen wir auch mittels Refraktometer auf Qualität. Wenn die BRIX-Werte nicht gut genug sind, erhalten die Kälber zusätzlich einen Kolostrumaufwerter.“ Nach der Erstver- sorgung kommen die Kälber in Einzel- hochboxen. Dort werden sie zweimal am Tag ad libitum gefüttert, also immer so viel, dass sie satt sind und Milch im Eimer zurück bleibt. Jedes Kalb hat seinen eige- nen Tränkeeimer, der täglich gereinigt wird. Bis zum 14. Lebenstag bekommen die Kälber ein sogenanntes Mischkolost- rum, das bedeutet, dass sie die gemischte Milch von allen frisch abgekalbten Kühen erhalten. Danach bekommen sie bis Tag 50 eine angesäuerte Tränke bestehend aus Milchaustauscher und Vollmilch, morgens wird warm gefüttert und nach- mittags kalt aufgefüllt. Bis Tag 52 bekom- men die Kälber täglich 14 Liter Milch, dann werden sie langsam bis Tag 75 ab- getränkt. Ab dem 14. Lebenstag kommen die Kälber in übersichtliche Gruppen- buchten mit jeweils 10 Tieren. Dort erhal- ten sie die Milch am Tränkeautomaten, zusätzlich Heu und Wasser ad libitum und eine selbst gemischte Kälber-TMR beste- hend aus Gerstenstroh, Sojaschrot, Kör- nermais, Melasse, gemahlener Gerste und Rapsextraktionsschrot. „Der Tränke- automat ist sehr praktisch, denn durch die Alarmlisten sehe ich sofort, wenn ein Kalb nicht gut trinkt und kann frühzeitig nachsehen, was mit dem Tier nicht stimmt“, erklärt Franziska Baranowski. In den Gruppenbuchten gibt es für die Käl- ber Spielzeug und Heubälle, die sehr ger- ne genutzt werden. Früher viel Kälberdurchfall Durch diese optimale Betreuung ist die Kälbergesundheit auf dem Agrarbetrieb Groß Grenz auf einem sehr hohen Ni- veau. Doch das war nicht immer so. „Frü- her hatten wir große Probleme mit Käl- berdurchfall“, erinnert sich Franziska Baranowski. „Als ich die Kälberbetreuung im Jahr 2020 übernommen habe, hatten wir viel Durchfall bei den Kälbern, meis- tens bedingt durch Escherichia Coli-Bak- terien und Kryptosporidien. Das haben die Kotproben ergeben. Wir hatten viel Kälberdurchfall Hauptsymptom bei Durchfall ist der häufi- ge dünnflüssige Kotabsatz. Bei schweren Erkrankungen setzen Kälber bis zu 10 % des Körpergewichtes als wässrigen Kot ab, bei extrem starkem Durchfall können die Flüssigkeitsverluste sogar bis zu 20 % der Körpermasse betragen. Die Kälber trocke- nen regelrecht aus. Die weiteren Folgen des vermehrten Kotabsatzes sind Elektro- lytverlust, eine metabolische Azidose (Übersäuerung) und Energiemangel. Für gerade geborene Kälber kann diese Belas- tung schnell den Tod oder doch zumindest eine starke Schwäche und Entwicklungsver- zögerung bedeuten. Haupterreger in der ersten Lebenswoche ist Escherichia coli, in der zweiten und dritten Lebenswoche über- wiegen dann die rota- und coronavirusbe- dingten Durchfälle. Doch auch Kryptospori- dien und Kokzidien können als Durchfallerreger eine Rolle spielen. Gerade bei dem Thema spielt Hygiene eine sehr große Rolle. Nicht alle Arten von Durchfall werden von Krankheitskeimen ausgelöst. Fehler in Tränketechnik und Haltung der Kälber können auch Durchfall verursachen. Wenn die Milch oder der Milchaustauscher nicht warm genug sind, dann gelangen sie nicht in den Labmagen, sondern in den Pansen, wo die Milch nicht gerinnen kann. Auch eine zu große Milchmenge kann zu Verdauungsproblemen führen. versucht, damit es besser wird, aber ohne durchschlagenden Erfolg. Es wurde erst besser, als sich unsere neue Tierärztin der Sache angenommen hat.“ Dr. Ricarda Reincke ist seit April 2021 für den Betrieb zuständig. Seit 2017 ist sie selbständig mit ihrer mobilen Tierarzt- praxis VETmobil MV in Groß Schwiesow und Umgebung. „Wir haben ganz von vorne angefangen und alles auf den Prüfstand gestellt: Die Haltung der Kälber und der Trockensteher, die Fütterung, die Kolostrumgabe, die Hygiene. Die Kälber stehen zum Beispiel in Hochboxen auf Holzfußboden, der sich nur schlecht sau- ber halten lässt. Immer gibt es Ritzen, in denen sich die Bakterien und Viren ver- stecken können. Deshalb hat der Betrieb die Holzfußböden bereits teilweise aus- getauscht und ist weiterhin dabei“, so die Tierärztin. „Ferner haben wir Blutproben bei den Kälbern genommen und diese über den Gesamteiweißgehalt im Serum auf den Gehalt von IgG Antikörpern untersucht, um zu sehen, ob das Kolostrum über- haupt in den Kälbern ankommt. Dabei haben wir auch die Vitamin- und Minera- lienversorgung ermittelt und auch die Eisen- und Selen-Werte. Das Kolostrum selber haben wir untersucht bzw. die BRIX-Werte, um die Qualität des Kolost- rums zu bestimmen. Im Ergebnis stellten wir fest, dass es an vielen Punkten nicht optimal lief und dass das der Grund dafür war, dass die Kälber insgesamt zu schwach waren.“ Mutterschutzimpfung als i-Tüpfelchen Daraufhin etablierten sie eine neue Käl- bererstversorgung: Am zweiten Lebens- tag erhalten die Kälber seitdem eine In- jektion mit einem Eisen-, Vitamin E- und Selen-Präparat. Der Nabel wird desinfi- ziert, die Kälber bekommen zusammen mit der Ohrmarke auch noch einen Mini- Bolus für eine bessere Darmgesundheit. Lebensschwache Kälber erhalten ein pflanzliches Aufbaupräparat oral einge- geben. Schon damals erhielten die Kühe eine Mutterschutzimpfung vier Wochen vor der Geburt ihres Kalbes. Doch die BRIX-Werte des Kolostrums waren dennoch nicht immer gut. Deshalb änderte Dr. Reincke den Zeitpunkt der Mutterschutzimpfung und setzte sie von da an direkt am Tag des Trockenstellens, also 6 bis 8 Wochen vor dem Geburtster- 12 Tiergesundheit und mehr